Das Mädel mit grauem Kopftuch lächelt und guckt in die Kamera Marah ist eine von ca. 25 Frauen, die im Dortmunder „Willkommen im Fußball“-Bündnis mitmacht.

02.07.2019

Teil 1/3: Marah aus dem Dortmunder „Willkommen im Fußball“-Bündnis

Die Liebe zum Volleyball hat Marah von ihrem Onkel. Das wusste sie schon, als sie noch ein Kind war. Da war sie noch in Syrien. Heute ist sie 20, wohnt in Dortmund, und ist in einem völlig anderen Teil der Welt erwachsen geworden. Sie ist eine von ca. 25 jungen Frauen, die hier bei „Willkommen im Fußball“ mitmachen. Aber sie will nicht nur mitmachen, sie will auch etwas weitergeben.

„Ich will einfach Sport machen“

Sie ist ein bisschen aufgeregt, sagt Marah. Dabei sieht die junge Frau mit ihrer Jeans, den weißen Sneakern, dem hellgrauen Hijab mit den vielen kleinen Kakteen, ganz und gar nicht unsicher aus. Sie lacht viel und scheinbar gerne. Marah hat schon einiges erlebt. 2015 war es, als sie mit ihrer Mutter und den drei Brüdern aus Syrien nach Deutschland kam, erst nach Leipzig, dann nach Dortmund. Drei Jahre leben sie jetzt hier, haben ein neues Land kennen- und eine neue Sprache sprechen gelernt, im Sommer wird Marah ihren Realschulabschluss machen. Sport gehört in ihrer Familie einfach dazu, erzählt Marah. Die Brüder spielen Hand- und Fußball, Marah hat ihre Liebe zum Volleyball entdeckt, als sie, noch klein, dem Onkel zusah. „Ich wusste, ich will das auch. Dann kam der Krieg und ich durfte nicht mehr.“ Jetzt ist es wieder möglich.

Im Lern- und Begegnungshaus „Adam‘s Corner“ in der Dortmunder Innenstadt verbringt sie viel Freizeit, hat dort Freundinnen und Freunde gefunden. Und Fatma kennengelernt, die dort arbeitet. Marah sagt Abla zu ihr, „große Schwester“. Respektsperson. Abla Fatma war es auch, die ihr irgendwann von „Willkommen im Fußball“ erzählte, und davon, dass das Dortmunder Bündnis schwerpunktmäßig Sportangebote für Mädchen und junge Frauen schafft.

Mädchen mit grauem Kopftuch und roten Ranzen steht vor einem Gebäude.
Drei Mädels machen Yoga auf den roten Matten.

Seit 2018 ist sie nun dabei. In der Mädchensportgruppe lernen sie und die anderen Teilnehmerinnen ganz unterschiedliche Sportarten kennen: Fußball, Bauchtanz, Basketball, Bogenschießen, jeden Donnerstag gehen sie gemeinsam schwimmen, freitags machen sie aktuell Yoga. Das ist unter Frauen manchmal einfacher, findet Marah. „Es ist ok mit Jungs, aber unter uns können wir manchmal etwas lockerer sein. Wir können auch mal das Kopftuch abnehmen und bestimmen selbst, was wir wollen.“

„Ich will Sport machen, eigentlich egal, was.“ Und sie ist nicht allein: Im Juni ist Marah zusammen mit einer Dortmunder Delegation zum „Willkommen im Fußball“-Cup 2019 nach Berlin gefahren. Dort haben sich junge Sportlerinnen und Sportler aus ganz Deutschland getroffen, gemeinsam Fußball gespielt sowie weitere Sportarten ausprobiert. Volleyball bleibt trotzdem Marahs Favorit. Sie ist wieder auf der Suche nach einem Verein, hat hier und da schon mitgespielt. Und als Profi spielen? „Ich will das eigentlich, aber es könnte schon schwierig werden mit Kopftuch.“ In Leipzig hatte sie Probleme deswegen. Hier in Dortmund haben ihr die anderen gesagt: „Du als Mensch zählst.“ Das hat ihr Mut gemacht.

Nur mitmachen reicht Marah nicht. „Ich will weitergeben, was ich hier bekomme.“ Also macht sie über „Willkommen im Fußball“ gerade mit der Unterstützung des Dortmunder Bündnisses ihren C-Übungsleiterinnenschein. Im Basismodul in den Osterferien hat sie gelernt, wie sie Sportangebote für Kinder und Jugendliche plant und durchführt, wie sie sie anleitet und bei ihnen den Spaß weckt. „Der Kurs war auf Hochdeutsch, das war schon schwer“, lacht Marah. „Aber alle helfen sich gegenseitig, das ist schön.“ Am Ende hat sie es geschafft – und dabei auch an Selbstvertrauen gewonnen, sagt Abla Fatma. Das nächste Modul folgt im Herbst. Allerhand zu tun also, schließlich steht jetzt im Sommer auch Marahs Realschulabschluss an. Für sie wird er eine Zwischenstation sein; der Lehrer will, dass sie eine Ausbildung macht, aber Marah will ihr Abitur machen und studieren.

Jetzt muss Marah weiter, die Yogastunde geht los. Die Matten liegen bereit, ein paar Mädchen haben es sich schon bequem gemacht. Ein entspannter, beruhigender Wochenausklang. Die Lehrerin macht einen Sonnengruß, die Mädchen ihn nach. Marah wackelt ein bisschen, dann steht sie sicher. Und lächelt.

Mehr zur Beitragsserie über Marah und zu „Willkommen im Fußball“ erfahrt ihr hier.

Sechs junge Frauen machen Yoga.
Mädel mit grauem Kopftuch und Frau mit kurzen Haaren und Brille unterhalten sich auf einer Bank.

Autorin: Alexandra Gehrhardt
Bildnachweis: DKJS/Sabrina Richmann

„Willkommen im Fußball“ ist ein Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, initiiert und gefördert von der DFL Stiftung und der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Mehr Informationen zu „Willkommen im Fußball“ findet ihr hier.