02.04.2018

Spielend angekommen

Beim vom SC Freiburg mitinitiierten „Freunde-statt-Fremde“-Training lernen sich ein Freiburger Student und ein syrischer Flüchtling kennen. Im Interview erzählen sie ihre gemeinsame Geschichte.

Im Rahmen von „Willkommen im Fußball“ veranstaltet der Sport-Club wöchentlich das „Freunde-statt-Fremde“-Fußballtraining für geflüchtete Jugendliche und junge Erwachsene. Mit dabei: Der 25-jährige Syrer Yazan Hoshmi sowie der 27-jährige Freiburger Student Fridolin Wernick. Mittlerweile sind sie WG-Kumpels geworden und spielen in derselben Mannschaft Fußball. In einem Interview für „heimspiel“, das Stadionmagazin des SC Freiburg, erzählen sie ihre gemeinsame Geschichte.

Herr Wernick, Sie waren einer der Trainer beim „Freunde-statt-Fremde“-Programm. Welche Idee steckt dahinter?

Fridolin Wernick: Am Anfang geht es gar nicht so sehr darum, den Leuten etwas beizubringen. Sport ist einfach eine sehr gute Möglichkeit, um anzukommen. Die soziale Komponente spielt eine große Rolle, es wird nicht nur einmal wöchentlich trainiert, auch Ausflüge oder Grillabende gibt es mal. Die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, sehen, wie ein Fußballtraining in Deutschland abläuft und lernen ein paar neue Begriffe. Wenn sie dann mal in einer richtigen Vereinsmannschaft kicken wollen, fällt ihnen die Integration hoffentlich leichter.

In diesem Rahmen haben Sie beide sich dann auch kennengelernt?

Yazan Hoshmi: Im Sozialbüro des Flüchtlingswohnheims hatte ich vom „Freunde-statt-Fremde“-Training erfahren, aber davor ungefähr fünf Jahre lang nicht mehr wirklich Fußball gespielt. Also dachte ich mir, dass das genau das Richtige sein könnte, um wieder anzufangen. Und weil auch ältere und jüngere Spieler dabei waren, war es auch nicht ganz so anstrengend, wie ich es von meinem Verein in Syrien gewohnt war. Ich habe das Training auch einfach als sehr hilfreich empfunden, um Kontakte aufzubauen und neue Leute kennen zu lernen. Für mich war es der erste Schritt, um einen Einblick in die deutsche Gesellschaft zu erhalten und mich für all das Neue hier offener zu machen. Außerdem war es eine Möglichkeit, meine sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. Viele der Jungs von damals spielen heute bei verschiedenen Vereinen in und um Freiburg.

Ist das Programm also tatsächlich eine Möglichkeit, über den Fußball leichter in der deutschen Gesellschaft anzukommen?

Hoshmi: Ich bin mir sicher, dass es Leuten, die aus dem Krieg kommen, hilft, Stress abzubauen. Viele tun sich auch schwer, weil sie alleine hier sind. Da können die sozialen Kontakte durch den Sport helfen.

Wernick: Sport kann in diesen Dingen sogar eine wirklich wichtige Rolle spielen – und das nicht nur für Menschen aus dem Ausland. Ich selbst bin da ein gutes Beispiel. Als ich nach meinem Bachelor aus Passau nach Freiburg kam, habe ich sofort versucht, über einen Sportverein Anschluss zu finden. In meiner Mannschaft beim FC Freiburg-St. Georgen spielen beispielsweise Kfz-Mechaniker, Rettungssanitäter und Feuerwehrmänner zusammen mit Studenten wie mir. Das sind ganz verschiedene Hintergründe und das hilft einem auch, über den eigenen Tellerrand zu blicken.

Hoshmi: Ich sehe das genauso. Bei einem meiner Freiburger Vereinen habe ich auch mit Spielern aus vielen verschiedenen Ländern zusammengespielt. Es gab nicht nur Deutsche, sondern unter anderem auch Franzosen, Afrikaner, Bosnier oder Serben. Ich fand das großartig.

Heute sind Sie beide fußballerisch wiedervereint.

Wernick: Zum Glück (lacht). Ich bin momentan in St. Georgen Spielertrainer bei der Zweiten Mannschaft. Mein allererster Anruf als Trainer ging gleich an Yazan. Ganz einfach, weil ich weiß, was für ein guter Spieler und cooler Typ er ist. Wir wohnen inzwischen sogar gemeinsam in einer WG.

Nun ist seine Geschichte ein Idealfall, der so wahrscheinlich nicht allzu oft vorkommt?

Wernick: Das stimmt. Die Eigenmotivation spielt meiner Meinung nach grundsätzlich eine sehr große Rolle. Von Yazan ist sehr viel selbst ausgegangen. Wir als Trainer und alle, die sich für Flüchtlinge engagieren, können nur Hilfe anbieten und für jeden dieselben Möglichkeiten schaffen. Aber am Ende kann man auch nicht von jedem erwarten, dass er das im gleichen Maße annimmt. Bei Yazan hat mich das sehr beeindruckt. Er hat beispielsweise in nur eineinhalb Jahren die höchste Deutschprüfung bestanden – so etwas geht nur mit großem Fleiß.

Hoshmi: Ich versuche jetzt auch Landsleuten und anderen Flüchtlingen beim Deutsch lernen zu helfen. Meinen zwei kleinen Brüdern habe ich geraten, ebenfalls Fußball oder Basketball in einem Verein zu spielen, um die deutsche Sprache schneller zu lernen. Die Sprache ist meiner Meinung nach der wichtigste Schlüssel, um anzukommen.

Haben Sie das Gefühl, dass genug getan wird, um Flüchtlingen dieses Ankommen zu erleichtern?

Hoshmi: Ich kann natürlich nur von meinen eigenen Erfahrungen berichten. Aber ich finde, dass es viele Veranstaltungen gibt, die uns helfen sollen. Auch die Menschen in Freiburg habe ich gleich von Beginn an als sehr hilfsbereit empfunden.

Mehr Informationen zu „Willkommen im Fußball“ finden Sie hier.