Der Lehrgang, der auf insgesamt fünf Tage in zwei Wochen aufgeteilt ist, geht speziell auf die Diversität der Teilnehmenden ein. Etwa indem die Inhalte ausgiebiger und in einfacherer Sprache behandelt werden und mehr Zeit für Verständnisfragen bleibt. Auch die Strukturen des Sportsystems, die in Deutschland komplexer und für Neuangekommene nicht leicht zu verstehen sind, werden eingehender behandelt und erklärt.
Dolla kommt aus der marokkanischen Millionenstadt Casablanca, die anderen Teilnehmenden stammen ebenfalls aus Marokko oder aus Syrien, Afghanistan, Irak und Deutschland. Am zweiten Tag des Basiskurses, der die Grundlage für den C-Trainerinnen- und C-Trainerschein ist, steht eine Praxis-Einheit zum Thema „Passspiel“ auf dem Programm. Bei einer Übung muss Dolla einem Partner den Ball von rechts nach links, dann wieder von links nach rechts durch die Beine spielen. „Eine einfache Übung, um die Beidfüßigkeit beim Passen zu trainieren.“, erklärt Danz. Trotzdem korrigiert Dolla einmal seinen Mitspieler, zeigt ihm, wie er richtig stehen soll. Er benimmt sich schon jetzt wie ein angehender Trainer.
Stärkung sozialer Kompetenzen
In Leipzig, der bevölkerungsreichsten Stadt Sachsens, hat Dolla eine sportliche Heimat gefunden. Beim FC International, der sich die Arbeit mit Menschen unterschiedlicher Herkunft auf die Fahnen geschrieben hat, kickt er in der U23. Mit einem Kollegen betreut er die F-Jugend. „Viele Geflüchtete sind in den letzten Jahren schon in den Vereinen angekommen.“, erklärt Heike Peschke vom Fußballverband der Stadt Leipzig e.V., der zusammen mit RB Leipzig, Porsche, dem SV Lindenau 1848, dem SV Eintracht Leipzig Süd und den Johannitern das Leipziger Bündnis von „Willkommen im Fußball“ bildet. Sie hat den Trainerinnen- und Trainerkurs federführend organisiert. „Aber wir wollen noch einen Schritt weitergehen und die Menschen auch für das Ehrenamt gewinnen.“ Peschke ist selbst Trainerin beim Leipziger Klub West 03. Sie sagt: „Ich würde mich über mehr Trainerinnen und Trainer mit Migrationshintergrund sehr freuen. Sie können für Kinder und Jugendliche, die ebenfalls einen Migrationshintergrund haben, ein Vorbild sein.“ Fußball sei „ein super Weg“, um die Integration in die Gesellschaft voranzubringen und soziale Kompetenzen zu stärken. Oussama Dolla weiß das aus eigener Erfahrung. Nach seiner Ankunft in Deutschland vor zwei Jahren fand er bei den Sportfreunden Westenfeld in Bochum Anschluss. Eine Betreuerin half bei Behördengängen, im Vereinsheim saß man nach dem Training oft zusammen. Auch sprachlich macht er durch das soziale Miteinander einen Schritt nach vorne. Wenn seine Mitspieler ihm „Zeit“ zugerufen haben, wusste er nicht, was sie meinen. „Habe ich noch Zeit oder habe ich keine Zeit mehr?“ Er muss lachen. Heute weiß Dolla, was das Kommando bedeutet: das Spiel beruhigen, keine Hektik aufkommen lassen.
Kurs berücksichtigt Diversität der Teilnehmenden
Mittlerweile lebt Dolla in Leipzig. Er will an der Universität Sportmanagement studieren. Beim FC International bereitet ihm die Arbeit mit den Sechs- bis Achtjährigen, die er auch ohne C- Schein coachen darf, viel Freude. Doch durch den Trainerinnen- und Trainerlehrgang bekommt er die Feinheiten vermittelt. Wie kann man Sechsjährige auf spielerische Art für Konditionstraining begeistern? Welche Passübungen sind für Zehnjährige angemessen? Wie sieht das richtige Maß zwischen Belastung und Regeneration aus?
Dolla lernt, wie er besser auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten seiner Schützlinge eingeht, wie er das Training abwechslungsreicher gestalten kann. Die Grundlagen des Fußballspiels, Passen, Mannschaftsführung und Integration sowie Kondition werden geübt und besprochen. Ein ganzer Teil behandelt die oft unbekannten Sportstrukturen in Deutschland sowie die Vielfalt im Sport. Ein Praxistest gehört ebenfalls dazu. „Die Lehreinheiten sind logisch aufgebaut und werden gut und nicht zu schnell erklärt. Es ist viel Raum für Nachfragen. Ich lerne wirklich viel.“, lobt er schon am zweiten Tag des Basismoduls. Das bewusste Zeitnehmen ist nur eine der Besonderheiten des Kurses.
Erstmals war eine Kinderbetreuerin anwesend. Dies ermöglichte einer alleinerziehenden Mutter aus Leipzig und einem Elternpaar aus Syrien die Teilnahme. Die Öffnung für deutsche Traineranwärterinnen und -anwärter war neu: Damit sollte der Erfahrungsaustausch gefördert werden. Eine Sprachmittlerin hätte bei Bedarf ebenfalls eingesetzt werden können. Dieses Mal war ihre Arbeit nicht notwendig. Dafür wurde mehrsprachig referiert: auf Deutsch, Englisch und Arabisch. Der Lehrgang berücksichtigt die Diversität der Teilnehmenden.