02.10.2010

„Die Entwicklung ist äußerst erfreulich“

Um den Stadionbesuch von Fußballfans mit Behinderung weiter zu erleichtern, hat die Bundesliga-Stiftung den Bundesliga-Reiseführer „Barrierefrei ins Stadion“ in einer vollkommen überarbeiteten Version herausgegeben. Unterstützt wurde sie dabei von den Behindertenfanbeauftragten der 36 Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga, der Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft e.V. (BBAG) sowie der Deutschen Bahn AG, die alle ihre Kompetenzen in den Reiseführer einfließen ließen.

Die BBAG ist der Dachverband behinderter Fußballfans in Deutschland. Zu ihren Hauptaufgaben gehört es, als Bindeglied zwischen verschiedenen Interessensgruppen zu wirken: zwischen Clubs, Verbänden und Fans mit oder ohne Behinderung. Ihr 1. Vorsitzender, Jochen Dohm, weiß um die große Bedeutung dieses wohl einzigartigen Handbuchs.
Frage: Herr Dohm, was macht für Sie das Besondere an diesem Reiseführer aus?

Jochen Dohm: Zunächst einmal erfüllt es mich mit Freude und auch mit einem gewissen Stolz, dass die Initiative, die die BBAG 2005 ergriffen hat und die schließlich 2006 mit der Unterstützung der DFL in der Erstauflage des Reiseführers gemündet ist, nun von der Bundesliga-Stiftung in einer völlig überarbeiteten dritten Auflage weitergeführt wird. Man muss sich vor Augen führen, dass es weder damals noch heute eine vergleichbare Publikation in Deutschland gab bzw. gibt, mit der Menschen mit Behinderung Informationen erhalten, die nicht nur auf einzelne Orte oder Ereignisse abzielen, sondern die gesamte Reisekette abbilden. Insofern ist der Reiseführer auch ganz unabhängig vom Fußball schon etwas Besonderes.

Frage: Welche Rolle spielt die Deutsche Bahn für Fans mit Behinderung beim Stadionbesuch?

Dohm: Die Deutsche Bahn mit ihrem Mobilitätsservice funktioniert grundsätzlich hervorragend, vor allem seit der WM 2006 ist viel geschehen. Die Bahnhöfe entwickeln sich im Sinne der Barrierefreiheit immer weiter. Natürlich gibt es noch zeitliche Engpässe, etwa bei späten Spielen mitten in der Woche in der Champions League. Aber die Entwicklung ist äußerst erfreulich und sie ist ja auch nie abgeschlossen.

Frage: Der Reiseführer spricht aber nicht mehr nur Rollstuhlfahrer an.

Dohm: Richtig, neben den Rollstuhlfahrern werden auch die Belange von blinden und sehbehinderten Fans berücksichtigt. Die Bundesliga-Stiftung stellt den Reiseführer erstmals auch als barrierefreies PDF zur Verfügung. Das freut uns besonders, da die BBAG neben den Rollstuhlfahrern auch die blinden und sehbehinderten Fans sowie nun auch die Gehörlosen im Blick hat. Und es werden künftig noch weitere Gruppen dazukommen mit der BBAG als ihr Interessensvertreter. Aber unabhängig von der Art der Behinderung: Alle erhalten durch den Reiseführer die Informationen, die in Bezug auf Barrierefreiheit wichtig sind, um ein Fußballspiel problemlos besuchen zu können.

Frage: Warum sind diese Informationen für Menschen mit Behinderung so wichtig?

Dohm: Weil es bei dem Besuch eines Fußballspiels nicht nur darum geht, wie man an Tickets kommt und welcher Service im Stadion geboten wird, sondern die gesamte Reisekette von Bedeutung ist. Wenn man bspw. mit dem Auto anreist, nützt einem das beste Navigationsgerät nichts, wenn man vorher nicht in Erfahrung gebracht hat, wo am Spieltag die Behindertenparkplätze sind. Wenn man mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreist, dann muss man wissen, welche Verbindungen barrierefrei sind. Wer vor oder nach dem Spiel noch etwas von der jeweiligen Stadt sehen möchte, der muss natürlich wissen, welche Angebote auch für behinderte Menschen zugänglich und nutzbar sind. Und schließlich kann selbst so etwas Profanes wie das Fehlen oder Vorhandensein einer Behindertentoilette darüber entscheiden, ob man vor oder nach dem Spiel die Innenstadt überhaupt aufsucht. Alle diese Informationen sind für sich genommen schon wichtig; sie gebündelt zu erhalten, macht den großen Wert des Reiseführers aus.