24.10.2017
24.10.2017
Interview mit Peter Hermanns, Türöffner e.V., über die Nutzung der Sponsorennetzwerke der Profivereine und die Unterstützung von geflüchteten Menschen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Herr Hermanns, was genau macht der Türöffner e.V.?
Seit August 2016 ist das Ziel von Türöffner e.V. Geflüchtete in Arbeit zu bringen. In der Regel passiert das über den Umweg eines Praktikums. Auch das Thema Ausbildung wird zunehmend relevant, aber unser Schwerpunkt ist, die Menschen in eine Vollzeitarbeit entsprechend ihrer Qualifikation zu bringen. Allerdings ist ein großer Teil erst einmal in geringer qualifizierten Jobs untergebracht.
Woran liegt das?
Die Qualifikationen der Menschen sind entweder nicht dokumentiert, da es in ihrem Herkunftsland keine Ausbildungswege wie in unserem Sinne gibt. Oder ihre Qualifikationen sind hier noch nicht anerkannt. Außerdem sind auch die fehlenden Deutschkenntnisse oft ein Hinderungsgrund, um in Jobs, die ihrer Qualifikation entsprechen, zu arbeiten. Aber das Ziel bleibt es, alle in ihrer Qualifikation entsprechende Arbeit zu vermitteln. Manchmal klappt das: z.B. arbeitet ein syrischer Bankkaufmann nun in der Verwaltung eines großen Unternehmens, er konnte schon sehr gut deutsch. Der Großteil der Arbeitsstellen, die wir vermitteln, befinden sich im Bereich Gastronomie, Eventmanagement und Bauwesen.
Welchen Part übernimmt Union Berlin?
Der Verein wurde von Mitgliedern des Wirtschaftsrats des 1. FC Union Berlin, dem Bezirk und mir gegründet. Der Wirtschaftsrat und das Sponsorennetzwerk nehmen eine zentrale Rolle ein: Sie stellen
einen großen Teil der Arbeits- und Praktikumsplätze zur Verfügung. Sie sind dabei der erste Kontakt auf der Suche nach Jobmöglichkeiten. Man kennt sich, es gibt seit Jahren eine enge Verbindung zwischen dem 1. FC Union und dem Wohnheim, das der IB betreibt. Die Wege sind kurz hier in Köpenick.
Was ist Eure Rolle als Internationaler Bund (IB) bei Türöffner e.V.?
Die Geflüchteten kommen weitestgehend über uns. Es gibt einmal die Woche eine Sprechstunde von Türöffner e.V. im Wohnheim, bei der die Bewohnerinnen und Bewohner sich informieren und Formalien geklärt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Türöffner organisieren Jobcoachings, die Vermittlung in die Arbeitsstellen, kümmern sich um Formalien und akquirieren weitere Unternehmen auch außerhalb des Sponsorennetzwerks von Union. Manchmal haben Menschen auch ganz spezielle Beruf, wie z.B. ein Schäftemacher – wir konnten dann über gezieltes Suchen einen Job finden.
Türöffner e.V. und „Willkommen im Fußball“ – wie hängt das zusammen?
Zum einen natürlich sind der IB und der 1. FC Union Bündnispartner bei „Willkommen im Fußball“, wir machen viele gemeinsame Aktionen und Projekte. Spielerinnen und Spieler der Bündnis-Trainings profitieren auch von dem Türöffner-Angebot. Z.B. arbeitet ein Spieler des Ü18 Teams im Stadion von Union im Servicebereich.
Welche Erfolge kann der Verein verzeichnen?
Wir haben seit August 2016 in 27 Vollzeitarbeitsplätze und 63 Praktika vermittelt, das ist wie ich finde ein super Erfolg (Stand: Dezember 2017). Es gibt auch von Seiten der Unternehmen sehr gute Rückmeldung, nicht nur was die Qualität der Arbeit angeht, sondern auch die gute Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen.
Und was sind Herausforderungen?
Natürlich gibt es auch Abbrüche. Oft scheitert es daran, dass die Erwartungen unterschiedlich sind. Sei es von Seiten der Geflüchteten an die Arbeitsstelle, als auch von dem Unternehmen an die Menschen. Häufig ist dabei die Sprache das Hauptproblem.
Hast Du dafür ein Beispiel?
Es gab da einen Bauingenieur aus dem Irak, der noch nicht gut genug Deutsch sprechen konnte, um in dem Beruf zu arbeiten. Wir haben ihm deshalb erst einmal eine Stelle auf dem Bau vermittelt, aber mit dem Ziel, dass er in demselben Unternehmen dann auch als Bauingenieur einsteigen kann, wenn seine Deutschkenntnisse dafür ausreichen. Leider fiel ihm das mit dem Deutsch lernen nicht so leicht und irgendwann hatte er dann abgebrochen, weil er nicht mehr auf dem Bau arbeiten wollte. Jetzt kümmert er sich erst einmal nur um seinen Spracherwerb.
Welche Rolle spielt der Aufenthaltsstatus bei der Suche nach Arbeit?
Dass viele keinen Aufenthalt haben und damit auch keine allgemeine Arbeitserlaubnis, ist das größte Problem zurzeit. Es betrifft vor allem Geflüchtete aus Afghanistan. Mit einer Duldung (Anm. d. Red.: Es handelt sich um Menschen, bei denen der Asylantrag abgelehnt oder noch nicht entschieden wurde.) muss bei der Ausländerbehörde für einen bestimmten Job erst eine Arbeitserlaubnis beantragt werden und das dauert lange. Viele Arbeitgeber können und wollen nicht so lange warten.
Was würden Sie anderen Bündnissen empfehlen, die ein ähnliches Projekt starten wollen?
Das Sponsorennetzwerk des Profivereins zu nutzen, ist eine super Idee. Man kennt sich untereinander, man kann sich austauschen und die Wege sind kurz. Ich würde außerdem jedem Bündnis empfehlen, so etwas regional aufzuziehen. Es ist wichtig, dass die Wege nicht so weit sind, wenn man die Gesichter kennt, sind die Hemmschwellen für alle Beteiligten geringer.